Am 16.Januar 1895bestand der Verein aus 33 Mitgliedern. An diesem Datum beschloß der Verein die Gründung eines Tambourkorps. Der Verein schaffte 2 Trommeln und einige Flöten an. Weitere Instrumente kauften die Mitgliedern selbst. Der Kassenbestand betrug zu diesem Zeitpunkt nach Abzug aller Ausgaben 6,20 MK. Es wurde beschlossen, ein Reck mit lederner Stange zum Preis von 101,- MK anzuschaffen.

Den Beitrag für aktive Turner setzte man auf 30 Pfg. und für die Turnschüler auf 15 Pfg. fest. In dieses Jahr fiel auch der Beschluß über die Einrichtung einer Bibliothek. Für 11,50 MK wurden Probelektionen beim Verlag Hackfeld in Potsdam geordert. Als Bibliothekar wählte man Karl Schneider. Die Einrichtung der Bibliothek sollte dann umgehend erfolgen. Kaisergeburtstagsfeier! Ein besonderer Höhepunkt im Vereinsleben war jedes Jahr die Geburtstagsfeier des Kaisers. Zu diesem Anlaß wurden Turnübungen und Theaterstücke einstudiert und im Rahmen einer gemeinschaftlichen Feier vorgeführt. Eigens zu diesem Zwecke gab es im Verein einen "Vergnügungsdirektor"!!

1895 war auch das Jahr, wo der Verein sein Turnlokal in den kleinen Saal des früheren Turnbruders Stöcker (heute Gasthof Stute) verlegte.

 1897 fand der erste Wechsel im Vorstand statt. FritzKühn löste den bisherigen Vorsitzenden Hummitzsch ab.

1898
folgte dann als 1. Vorsitzender Turnbruder Philipp Heinbach.

Unter seinem Vorsitz wurden bereits Abordnungen zu den Turnfesten der Region entsandt. Das alljährlich stattfindende Vereinsturnfest wurde mit Ansprachen, Turnvorführungen und allerlei Aufführungen vom Verein gestaltet. Heinbach führte den Verein bis ins Jahr 1902. Bei der in diesem Jahr stattfindenden Hauptversammlung im Turnlokal Stöcker am 5. Januar, verzichtete er auf Wiederwahl  und man wählte den Turnwart Saßmannshausen zum 1. Vorsitzenden. Der auf dieser Hauptversammlung vorgelegte Kassenbericht wies Einnahmen von insgesamt 60,70 Mark auf. Demgegenüber standen Ausgaben von 61,71 Mark. Der Verein ging also mit einer "Schuld" von 1,01 Mark ins neue Vereinsjahr. Das diesjährige Stiftungsfest sollte entweder im Turnlokal Stöcker, oder aber beim Gastwirt Moll gefeiert werden. Eine Abstimmung der anwesenden Turnbrüder ergab eine große Mehrheit für Moll. Daraufhin wies Stöcker den Verein auf die Folgen hin, sollte das Fest tatsächlich bei Moll stattfinden. I

Im Jahresabschlußbericht vom 31.Oktober 1902 erfahren wir dann, daß das Fest bei Moll stattgefunden hat, und daß Stöcker daraufhin den Verein vor die Türe setzte. Bei dem Gauturnfest in Wissen, an dem der Verein in diesem Jahre teilnahm, konnte der TurnbruderWiesemann einen beachtlichen 11. Preis erzielen. Beim Bezirksturnfest in Marienborn war man noch erfolgreicher. Genosse Wiesemannerzielte den 13. und Genosse August Zimmermann den 19. Platz.

Eine zweite Hauptversammlung in diesem Jahr fand am 10. September 1902 statt, aus der bei den ausgeschriebenen Neuwahlen Ernst Montanus als 1. Vorsitzender hervorging. Sein Vorgänger Wilhelm Saßmannshausen wurde zum  2.Vorsitzenden gewählt. Auf der am 29. November 1902 stattfindenden Vorstandssitzung beauftragte der Vorstand den Vorsitzenden, bei der Gemeinde bezüglich der Planung einer neuen Turnhalle vorzusprechen. Im Dezember des Jahres erklärte sich Genosse Scheib auf Drängen der Vereinsmitglieder bereit, den Verein aufzunehmen. Damit war die Frage nach dem Turnlokal mal wieder geregelt.

Daß das Thema Turnlokal weiterhin aktuell blieb, zeigt eine Eintragung im Protokollbuch vom 3. Mai 1903, bei der unter dem Tagesordnungspunkt I die Planung einer Turnhalle stand. Die Halle sollte auf der Schlackenhalde errichtet werden und eine Größe von 16m x 9,5m haben. Doch auch dieser zweite Anlauf zur Errichtung einer eigenen Turnhalle blieb vorerst noch Wunschdenken. Der Verein bestand Ende 1903 aus 69 Mitgliedern, und zwar aus 3 Ehrenmitgliedern, 26 aktiven Turnern, 16 Turnschülern und 25 passiven Mitgliedern. Frauen hatten zu dieser Zeit noch keinen Zugang - es blieb vorerst bei einer reinen Männerriege.

Im August 1904 wurde bekannt, daß der Turnbruder Wiesemann beim Bezirksfest in Netphen für den Netpher Turnverein  als Wettkampfturner antreten wollte. Im Verein löste dies heftige Reaktionen aus, in deren Folge Wiesemann offiziell aus dem Verein ausgeschlossen wurde. Bei dem am 21. August 1904 stattfindenden Fest errang Genosse Hermann Wagener den 16. Preis.

In diesem Jahr formierte sich auch das Tambourkorps neu. Das Tambourkorps bestand nun aus 8 Mitgliedern, dem Tambourmajor W. Saßmannshausen, 3 Tambours sowie 4 Pfeifern.

Der Verein war wieder einmal ohne Turnlokal. Nach Verhandlungen des Vorstandes mit Stöcker stand ein erneuter Wechsel an.

Das Jahr 1905 hat außer der Teilnahme des Vereins am Gauturnfest, bei dem der Genosse Hermann Nies den 31. Preis errang und somit zum ersten mal überhaupt ein Preis auf einem Gauturnfest errungen wurde, keine weiteren Höhepunkte. Erwähnt sei noch der Beitritt des Vereins in die "Stuttgarter Haftpflichtversicherung".

Im Jahr 1906 stellte der Verein erstmalig eine Musterriege zu einem Gauturnfest zusammen. In Kaan-Marienborn errang diese Musterriege mit  42 Punkten den 27. Preis. Auf demselben Turnfest erturnte sich der Genosse Hermann Niesmit 103,5 Punkten den 23. Preis im Sechskampf.

 1907 beschloß der Verein, sich für die Ausrichtung des Bezirksfestes zu bewerben. Dem Antrag wurde stattgegeben und der Termin auf den 7. Juli 1907 festgelegt. Als Festplatz wählte man das Grundstück der Gebrüder Berg gegenüber dem Kleinbahnhof. Aus dem auf der ordentlichen Versammlung vom 29. Juli 1907 vorgetragenen Bericht des Vorsitzenden über das Bezirksfest geht hervor, daß man mit Recht behaupten könne, daß dies wohl das bisher schönste Bezirksfest des II. Bezirkes gewesen sei. Der Gemeinde, welche für die Ausschmückung der Straßen und Häuser hervorragend gesorgt hatte dankte man. Dem Genossen Oskar Flenderwurde auf dieser Versammlung ein dreifaches "Gut Heil" für seinen auf diesem Fest errungenen 16. Preis ausgerufen.

Am 4. August des gleichen Jahres erwähnte man zum ersten Mal das Gillerbergfest, bei dem alle 4 gemeldeten Wetturner einen Preis erringen konnten.

                                        Die erste siegreiche Gillerriege

                       Herm.Nies, Herm.Wagner, Osk.Flender, Rud.Engel


Auf der Versammlung am 12.Oktober meldete sich der Ehrenvorsitzende Hummitzsch zu Wort. Er betonte, daß der Verein nach 15 jährigem Bestehen nun endlich ein Vereinsbanner haben und daß auf dieser Versammlung über den Ankauf einer solchen Fahne entschieden werden müßte. Da bereits Vorschläge und Muster von zwei Fahnenfabriken aus Köln und Hannoverschmünden vorlagen, einigte man sich schließlich zur Beauftragung der Hannoversch-Mündener Fahnenfabrik zum Preis von 325 M. Man beschloß, die Fahne zum 15. Stiftungsfest im August 1908 feierlich einzuweihen.

Das Jahr 1908 war ein Jahr der intensiven Arbeit und der Erfolge für den Verein. Laut Jahresbericht des Genossen Carl Stöcker war es wohl eines der bedeutungsvollsten der Vereinsgeschichte. Beim XIII. Gauturnfest in Kirchen war man gleich zweimal erfolgreich und zwar mit dem Genossen Hermann Nies, der mit 130,5 Punkten den zweiten Preis erringen konnte, und des weiteren mit der Musterriege, welche sich am Barren den erkämpfte. Beim 11. Deutschen Turnfest im Juli dieses Jahres war der Verein durch die Genossen Montanus, Wagener, Nies und Pithan vertreten.

 
Der schönste Tag in diesem Vereinsjahr war das 15. Stiftungsfest, verbunden mit der Weihe des neu angeschafften Vereinsbanners am 9. August 1908.


                         Fahnenweihe und 15. Stiftungsfest  am 9. August 1908

Die Weihe der Fahne wurde vom Ehrenvorsitzenden und Gründer des Vereins Hummitzsch vorgenommen, welcher mit "kernigen Worten" im Beisein der versammelten Vereine und der Mitglieder vor dem Vereinslokal die Weihe vollzog und den ersten Fahnennagel stiftete. Mit einem Spruch durch Fräulein Alma Hackler wurde ein von der Gemeinde gestiftetes Fahnenband übergeben, bevor sich der Festzug nach Absingen der Nationalhymne Richtung Festzelt in Bewegung setzte. Neben turnerischen Vorführungen kamen bei der nachfolgenden Feier im Festzelt auch die Tänzer zu ihrem Recht. Außerdem war dieses Vereinsjahr durch einen Wechsel im Vorstand geprägt. Der bisherige Vorsitzende Montanus wurde von Karl Kray abgelöst, blieb aber dem Verein als beratendes Mitglied erhalten. Zu erwähnen ist noch, daß bei den Neuwahlen die Turnbrüder Hermann Wagener als 1. Turnwart und Hermann Nies als 2. Turnwart gewählt wurden. Dem Trio Kray, Wagener und Nies werden wir im Laufe der Chronik noch öfter begegnen.